„Sie sprechen mit Tony Schmidt, wie kann ich Ihnen helfen?“ – Potsdamer Neonazi im Callcenter

Seit spätestens 2014 ist  in der organisierten neonazistischen Szene im Potsdamer Umland aktiv. Er ist sowohl den völkischen Neonazis der Potsdamer Gruppierung „Licht und Schatten“, Nachfolgestruktur von „Freie Kräfte Potsdam“ (FKP) und „Infoportal Potsdam“ bzw. „Junge Nationaldemokraten“ (JN), als auch der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ zuzurechnen. Beide, z.T. deckungsgleichen, Strukturen eint eine sich eng am Nationalsozialismus orientierte ideologische Sicht auf Politik und Gesellschaft. Dabei versteht sich insbesondere der „Der III. Weg“ als elitäre Kaderorganisation. Beruflich ist in einem Callcenter im Potsdamer Stadtteil Zentrum-Ost tätig.

Kundgebungen und Demonstrationen – ein klassisches neonazistisches Agitations- und Betätigungsfeld

Erstmals für die Öffentlichkeit wahrnehmbar war Schmidt am 25. Oktober 2014 auf einer Kundgebung der organisierten Neonaziszene in Brandenburg (Havel). [1]
Bereits einige Tage bevor diese Versammlung über die Homepage von „Licht und Schatten“ beworben wurde, warb Schmidt über seine private Facebook-Seite für die Veranstaltung. Er war also in die Vorbereitungen der Aktion eingebunden. Zusammen mit, dem zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Werder wohnhaften,  reiste Schmidt gemeinsam mit weiteren Neonazis, vom Bahnhof Werder aus kommend, mit dem Zug nach Brandenburg (Havel). Mit dabei waren unter anderem  und der mittlerweile inhaftierte NPD-Kader . Neben dem Hauptorganisator und ‑redner  sprachen auch Pierre Dornbrach, Vorsitzender der brandenburgischen JN, sowie ein Vertreter von „Der III. Weg“ und der Landesvorsitzende der Berliner NPD .

Die Kundgebung mit etwa 80 Teilnehmer_innen auf dem Marktplatz wurde von der „Gefangenenhilfe“ organisiert, angemeldet wurde sie jedoch vom Kreisverband Havel-Nuthe der NPD. Die „Gefangenenhilfe“ gilt als Nachfolgestruktur der 2011 verbotenen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG), auch, wenn dies durch die Verantwortlichen abgestritten wird. Auffällig war, dass sich ausschließlich Potsdamer Neonazis, auch , und ein Vertreter von „Der III. Weg“ mit T‑Shirts der „Gefangenenhilfe“ präsentierten – diese waren offenbar als Hauptorganisator_innen der Veranstaltung aktiv.
forderte am Ende der Veranstaltung u.a. mit dem Redner und allen restlichen Versammlungsteilnehmer_innen mit gestreckter rechter Faust den „Nationalen Sozialismus“.

Am 6. Dezember 2014 war dann, zusammen mit u.a. und , in Wittstock an zu treffen. Dort veranstaltete die örtliche Neonaziszene am Abend einen Fackelmarsch, der sich gegen Geflüchtete und das Recht auf Asyl richtete. [2] Schmidt trug dabei das Transparent der Initiative „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“. Dieser Zusammenschluss gilt als überregional ausgerichtetes Projekt von „Licht und Schatten“ und anderen neonazistischen Akteur_innen unter der Führung von .
Auf einem Neonaziaufmarsch von „Der III. Weg“ am 21. Februar 2015 in Eisenhüttenstadt, angemeldet und organisiert von , war zudem als Ordner aktiv. Das zeigt, dass er spätestens ab Februar 2015 nicht nur „Mitläufer“ bzw. Teilnehmer bei „Der III. Weg“ ist, sondern aktiv Aktionen mit vorbereitet und begleitet.
An der Demonstration beteiligten sich außerdem die Neonazis (mit Ludwigsfelde-„Gaufahne“),  (mit Transparent von „Der III. Weg“), und (beide mit Fahne von „Der III. Weg“) sowie  (mit „Gaufahne“).
Auch am 1. August 2015 beteiligte sich in Zossen und Damsdorf an kleineren Kundgebungen, die von „Der III. Weg“ organisiert wurden und sich gegen lokale Bauvorhaben für Geflüchtetenunterkünfte richteten. [3] Zu den rassistischen Hetzveranstaltungen kamen auch hier neben der Neonazikader , , , sowie der RechtsRocker .

Am 17. Januar 2016 nahm Schmidt an einem Neonaziaufmarsch in Genthin teil. Er und , , und sowie weitere Kader von „Der III. Weg“ dominierten mit ihrer Infrastruktur und ihren Beiträgen die Demonstration. [4] Auch der Neonazi , der sich zuletzt mit dem Versuch der Wiederbelebung des gescheiterten rassistischen Demonstrationsprojekt „Pogida“ versuchte, war in Genthin vor Ort und trat als Redner auf. In Potsdam nannte er sich zuletzt Eric Grünwald – Anfang des Jahres jedoch Sebastiano . [5]

Neben weiteren Kundgebungen und Demonstrationen beteiligte sich Schmidt zuletzt am 3. September 2016 an einer neonazistischen Demonstration in Frankfurt/Oder. Offiziell von der rassistischen Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ initiiert, wurde die Versammlung jedoch tatsächlich durch die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ organisiert. Neonazis der Partei waren dabei maßgeblich am Ablauf beteiligt. Der Frontblock wurde durch Anhänger_innen von „Der III. Weg“ gebildet, die einzigen Redner_innen waren ebenso Neonazis der Partei. Tony Schmidt war als Ordner für den Schutz des Lautsprecherwagens verantwortlich. [6]

Aktionismus für „Der III. Weg“

Für „Der III. Weg“ ist Tony Schmidt ebenfalls abseits von Versammlungen aktiv. Er nimmt an geschlossenen Veranstaltungen der Partei teil und beteiligt sich an Flugblatt-Verteilaktionen. Anfang März 2016 verteilte er und weitere Neonazis von „Der III. Weg“ rassistische Flugblätter in Werder (Havel). Mit diesen richten sie sich gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete in der Stadt. Im dazugehörigen Bericht auf ihrer Website beweisen sie eine eklatante Bildungsresistenz und äußern sich unverhohlen rassistisch, wenn sie von „volks- und artfremden“ Menschen sprechen – Tony Schmidt teilt dieses Weltbild.
Auch an internen (Bildungs-)Veranstaltungen von „Der III. Weg“ beteiligt sich Schmidt regelmäßig. Beispielsweise war er und weitere Potsdamer Neonazis, u.a. , Teilnehmer an der internen Gründungsveranstaltung des „Gebietsverband ‚Mitte'“ am 9. Januar 2016 in Berlin. Dieser soll als organisatorische Dachstruktur für die „Stützpunkte“ der Partei in den Bundesländern Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, und Thüringen dienen.

Feste Verankerung in der neonazistischen Szene – auch privat

Tony Schmidt ist nicht nur auf Kundgebung und Demonstrationen der extremen Rechten aktiv. Auch im Alltag lebt er seine neonazistische Gedankenwelt aus. Er trägt T‑Shirts mit rassistischen und neonazistischen Inhalten, er entfernt Aufkleber mit antirassistischen und antifaschistischen Slogans und ist in einem stramm neonazistischen Szenekreis verankert. Er ist befreundet mit langjährig aktiven Neonazis aus Potsdam und Umgebung. Dazu zählen u.a. , , , und . Außerdem unterhält er Kontakte zum Neonazi Andre Hartmann, der noch immer für den Fußballverein „Fortuna Babelsberg“ tätig ist. Ebenfalls im sportlichen Bereich befreundet ist Schmidt mit dem Neonazi , der für „SG Töplitz 1922 e.V“ Fußball spielte. [8]

Sportliches Interesse hegt Tony Schmidt für Paintball und die, zum Teil, neonazistischen Hooligans des BFC Dynamo, Lokomotive Leipzig sowie Lazio Rom. Darüber hinaus bekennt er sich offen zu rassistischen und neonazistischen Initiativen wie „Werder wach auf“ oder „Asylhütte in Potsdam? Nein Danke“. Vertriebe neonazistischer Kleidung, „Thorshop“ oder „Ansgar Aryan“, und RechtsRock, „PC-Records“, gehören ebenso zu Schmidts Interesse wie natürlich seine Partei „Der III. Weg“. Die Ausprägungen seines Weltbildes fasst er selbst mit einem „Like“ bei „N.S. Jetzt“ treffend zusammen.
Tony Schmidt ist ein aktiver Neonazi, der rassistische und völkische Ideologien nicht nur im Privaten teilt, sondern auch auf die Straße trägt. Er ist Teil einer Partei, die bewusst faschistische Symbolik verwendet und eine offensichtliche inhaltliche Nähe zur NSDAP sucht. Der Leiter des „Stützpunk“ von „Der III. Weg“ , dem Schmidt folgt, ist dem Unterstützer_innen-Netzwerk des NSU zuzurechnen.
Es stellt sich nun die Frage, ob und wie Tony Schmidt die Widersprüche, die sich mit seinem Weltbild zwangsläufig auftun, im Alltag auflöst. Legt er im Callcenter auf, wenn, in seinen Augen, nicht-Deutsche anrufen? Wie geht er mit, in seinen Augen, nicht-Deutschen Kolleg_innen um? Welchen Zugang zu Daten hat er und wie sind Menschen, die den Callcenter-Service nutzen und nicht in das menschenverachtende Weltbild Schmidts passen, davor geschützt, dass dieser persönliche Informationen ausspäht?
So oder so, ist die Firma, in der er angestellt ist, gut damit beraten den Neonazi und Rassisten Tony Schmidt vor die Tür zu setzen – auf dass er in Zukunft nur noch mit seinen Neonazifreund_innen telefoniert.

Ursprünglich erschienen auf Inforiot


[1] https://inforiot.de/80-neonazis-jammern-in-brandenburghavel/ und http://apap.blogsport.eu/2015/01/chronik-neonazistischer-und-menschenverachtender-aktivitaeten-in-potsdam-und-umgebung-2014/ und http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/10/26/rechtsextreme-gefangenenhilfe-demonstriert-in-brandenburg-an-der-havel_17355
[2] https://presseservicern.wordpress.com/2014/12/07/wittstockdosse-gespenstischer-fackelmarsch-gegen-asylsuchende-polizei-verhindert-blockaden-proteste-nur-am-rande/
[3] https://presseservicern.wordpress.com/2015/08/01/zossendamsdorf-proteste-gegen-kundgebungstour-des-iii-weges/
[4] https://presseservicern.wordpress.com/2016/01/18/genthin-buergerbuendnis-und-iii-weg-hetzen-gemeinsam-gegen-auslaender/
[5] https://inforiot.de/kein-pogida-comeback/
[6] https://inforiot.de/633429–2/
[7] http://arpu.blogsport.eu/2015/10/13/verstrickungen-ins-neonazistische-milieu-fortuna-babelsberg-bewegt-sich-nicht/ und http://arpu.blogsport.eu/2015/02/25/lukas-franz-organisierter-neonazi-in-der-sportgemeinschaft-toeplitz-1922-e‑v/

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