Nachbetrachtung des 1.Mai: Brandenburger Neonazis zog es vor allem ins sächsische Plauen

Im neonazistischen Milieu zeichnet sich momentan wieder eine deutliche Hinwendung zu aggressiv kämpferischen Aktionsformen ab. Während der parlamentarische Raum der extremen Rechten, insbesondere auf Landesebene, immer mehr durch die AfD eingenommen wird und der NPD in Mecklenburg-Vorpommern bei den kommenden Wahlen am 4. September 2016 gar der Rauswurf aus dem Schweriner Landtag droht, scheint sich der militante Teil der Szene immer weiter vom vor allem nationaldemokratisch geprägten Konzept des „Kampfes um die Parlamente“ zu entfernen und stattdessen zum „Kampf um die Straße“ zurückzukehren. Eine Entwicklung die vor allem die neonazistische Kleinpartei „Der III. Weg“ begünstigt. Diese ist zum einen bestrebt in aggressiven PEGIDA-ähnlichen Bewegungen Fuß zu fassen und gleichzeitig sowohl aktionsorientierten, freien Kräften als auch straff organisierten Neonazis eine neue Heimat zu geben. Die Teilnehmer_innenzahlen bei den entsprechenden neonazistischen Veranstaltungen zum 1. Mai untermauern diesen Trend.

Bundesweit größter Neonaziaufmarsch am 1.Mai 2016 in Plauen

Zwar führte die NPD immerhin sechs Veranstaltungen in vier Bundesländern durch, kam aber bei ihrer meist besuchten Versammlung in Schwerin gerade einmal auf 400 Versammlungsteilnehmer_innen. In Bochum (Nordrhein-Westfalen) sollen es 180, in Wurzen (Sachsen) ungefähr 80 und bei drei Kundgebungen in Berlin jeweils um die 50 gewesen sein. Auch die Partei DIE RECHTE kam bei ihrem zentralen Aufmarsch zum 1. Mai in Erfurt (Thüringen) lediglich auf ca. 200 Personen. Die mit Abstand größte Neonazi-Versammlung zum Tag der Arbeit fand hingegen in Plauen (Sachsen) statt. Dem Aufruf des III. Weges zur „Arbeiterkampfdemo“ waren bis zu 1.000 Neonazis, darunter auch größere Personengruppen aus Brandenburg gefolgt.

Brandenburger Neonazis zog es zum III. Weg

Der größte Teil der Brandenburger Versammlungsteilnehmer_innen war aus den kreisfreien Städten Potsdam, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder) sowie aus den Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Oder-Spree und Uckermark angereist. Viele dieser Personen hatten sich bereits schon in den Vormonaten an Versammlungen der Partei in Brandenburg beteiligt. Strukturell ist der III. Weg im Land allerdings noch weitgehend unterentwickelt. Lediglich zwei aktive Stützpunkte konnte die Partei hier erst entwickeln. Allerdings wohnt mit , der parteiintern auch als „Gebietsleiter Mitte“ fungiert, einer der wichtigsten Funktionäre der Partei in Brandenburg. Nach dem in den ersten Zeit vor allem der Mittelmärker den Parteiausbau im Land forcierte, rückt nun offenbar immer mehr Fischer in den Vordergrund bzw. tritt als Hauptredner bei Veranstaltungen auf. Zudem haben Versammlungen des dritten Weges in Brandenburg im ersten Halbjahr 2016, im Vergleich zu den letzten sechs Monaten im Jahr 2015 wieder zukommen. Am 9. April gab es sogar in Beelitz und Brück, beides Orte im Landkreis Potsdam-Mittelmark, zwei Mobilisierungsveranstaltungen für den Aufmarsch am 1. Mai in Plauen. Bis auf die üblichen Kader, zogen diese Versammlungen jedoch keine weiteren Interessenten. Umso bemerkenswerter ist es dann, dass neben den bekannten Funktionären und Sympathisant_innen des III. Weges auch eigentlich NPD-nahe freie Kräfte aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Havelland nach Plauen reisten. Selbst der nationaldemokratische Neuruppiner Stadtverordnete zog die Versammlung des III. Weges offenbar den Veranstaltungen seiner eigenen Partei in den viel näher liegenden Städten Schwerin, Berlin und Wurzen vor. Mit der Reise von Autonomen Nationalisten aus dem Raum Wittstock/Dosse nach Plauen war hingegen schon vorher gerechnet worden. Schließlich hatte eine im Norden Brandenburgs aktive neonazistische Aktionsgruppe explizit für eine Teilnahme im „schwarzen Block“ des Plauener Aufmarsches geworben. Insgesamt waren aus Brandenburg übrigens ungefähr 30–40 Personen nach Plauen gereist. Dagegen waren in Schwerin, Berlin und Wurzen lediglich jeweils eine Hand voll Brandenburger Neonazis anwesend. Zum Aufmarsch ins Mecklenburgische waren insbesondere „Freie Kräfte“ aus dem Landkreis Prignitz gereist. An der Versammlung in Wurzen nahmen u.a. der Stellvertretende NPD Landesvorsitzende Ronny Zasowk und der nationaldemokratische Stadt- und Kreisrat André Schär aus Bad Belzig (Landkreis Potsdam-Mittelmark) teil. In Berlin beteiligten sich NPD Sympathisant_innen aus den Landkreisen Barnim und Oder-Spree an den Kundgebungen zum 1. Mai. Damit nahmen die meisten Brandenburger Neonazis, die am 1. Mai an Versammlungen teilnehmen wollten, den für sie, wird von den für sie nicht relevanten Aufzügen in Bochum und Erfurt abgesehen, längsten Weg in Kauf.

Erlebniswelt 1. Mai

Eine Rolle für die weite Reise ins sächsische Plauen dürfte dabei auch der Erlebnisfaktor bzw. der wortwörtliche „Kampf um die Straße“ gespielt haben.
Bereits beim letztjährigen Aufmarsch des dritten Weges zum 1. Mai in Saalfeld (Thüringen) hatten Neonazis einen so genannten schwarzen Block gebildet und im späteren Verlauf der Versammlung versucht in dieser Formation Polizeiketten zu durchbrechen. Daraufhin war die Situation eskaliert. Die Polizei schritt ein, schoss sogar mit Tränengas-Kartuschen.
Ähnlich die Situation in diesem Jahr in Plauen. Abermals formierte sich ein „schwarzer Block“, abermals wurde versucht Polizeiketten zu durchbrechen und abermals eskalierte die Lage. Die Neonazis warfen mit Pyrotechnik und Flaschen, die Polizei antwortete mit Pfefferspray und Wasserwerfereinsatz.
Fotos der neonazistischen Versammlungen:
1. Mai in Plauen: Presseservice Rathenow
1. Mai in Schwerin: AST Westmecklenburg und Ney Sommerfeld
1. Mai in Berlin: Theo Schneider und Neuköllnbild

Ursprünglich erschienen auf Inforiot

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