“Der III. Weg” in Brandenburg am 3. Oktober in Berlin

Am 3. Oktober 2020 ist es genau 30 Jahre her, dass die Bundesrepublik Deutschland um das Gebiet der vormals aufgelösten DDR erweitert wurde. Fünf neue Bundesländer, u.a. Brandenburg wurden Teil eines neuen Deutschlands, dass einher ging mit einem rapiden Anstieg an rassistischer und neonazistischer Gewalt dem über 200 Menschen bislang zum Opfer gefallen sind.

Genau zu diesem Jahrestag ruft die extrem rechte Kleinstpartei „Der III. Weg“ zu einer großen Demonstration nach Berlin-Hohenschönhausen. Unter dem Motto „Ein Volk will Zukunft“ soll die eigentlich für den 1. Mai in Erfurt geplante Neonazi-Demonstration nachgeholt werden, die aufgrund der Pandemiebestimmungen abgesagt werden musste. Das Programm des „III. Weg“ sieht eine Lösung der aktuellen Krisen in Deutschland in einer alten Idee ihrer Vorbilder. Der Ruf nach einem „deutschen Sozialismus“ als „wirtschaftliche und gesellschaftliche Alternative“ wie es im Aufruf heißt, meint dabei nichts anderes als den Wunsch nach Wiedereinführung des Nationalsozialismus. Für die neonazistische Organisation ist es die erste große Demonstration in Berlin. Dennoch sind hier keine Unbekannten an der Mobilisierung beteiligt. Schon seit April 2015 gibt es in der Hauptstadt einen so genannten Stützpunkt. Die Aktivitäten bewegten sich in den vergangenen Monaten auf einem konstant hohen Niveau. Zahlreiche Neonazis aus dem Umfeld des „NW-Berlin“ schlossen sich inzwischen der Kaderpartei an. Für die Organisation der Demonstration Anfang Oktober sind die Berliner Neonazis aber auf Unterstützung von außerhalb angewiesen und diese ist gar nicht so weit entfernt.

Der III. Weg in Brandenburg besonders aktiv

Besonders aus dem umliegenden Brandenburg können die Berliner Kamerad_innen mit zahlreicher Unterstützung rechnen, befinden sich doch hier mit den Stützpunkten „Potsdam/Mittelmark“ und „Uckermark“ zwei der aktivsten Ortsgruppen der Neonazi-Partei. Aber auch der im April 2015 gegründete Berliner Stützpunkt ist für Brandenburger Neonazis bedeutend, umfasst er doch nicht nur die Metropole selbst und dessen direktes Umland, sondern bietet zudem Räumlichkeiten für Veranstaltungen, die ebenso von diesen genutzt werden. Immer wieder wird auf der Homepage des „III. Weg“ von gegenseitigen Besuchen berichtet.

Zu den regelmäßigen Aktivitäten der Brandenburger Ableger gehören indes nicht nur Flugblattaktionen und Infostände. Als Partei, der die deutsche Heimatpflege und Identität am Herzen liegt, engagieren sie sich in ihren Regionen auch ehrenamtlich, verteilen Spenden an Bedürftige, veranstalten Kinderfeste, helfen bei Aufräumaktionen oder unterstützen den Tierschutz. Dass es dabei nur um „deutsche“ Interessen geht, zeigen die Berichte dieser Aktivitäten auf ihrer Homepage. Alljenige, die in ihren Augen nicht zur Volksgemeinschaft dazu gehören, werden bei sogenannten „nationalen Streifen“ drangsaliert oder direkt körperlich angegriffen. Politische Gegner_innen werden durch Sprühereien und Stickeraktionen an ihren Wohnorten eingeschüchtert. Abseits der Öffentlichkeit finden in Brandenburg zudem regelmäßig Sport- und sogenannte Wehrübungen statt, welche die Neonazis im Umgang in Kampfsporttechniken und Waffen ausbilden sollen. Außerdem sind Brandenburger Neonazis des „III. Weg“ bundesweit auf Parteiveranstaltungen anzutreffen. Wie der Brandenburger Verfassungsschutz in seinem aktuellen Bericht schreibt: „verfügt ‚DER DRITTE WEG‘ über die höchste Aktionsorientierung, die effizienteste Organisation und zudem über eine rigorose nationalsozialistische Gesinnung. Insofern ist sie sehr attraktiv für aktivistisch orientierte Rechtsextremisten.“ Andere extrem rechte Parteien, wie die NPD, spielen dagegen nur noch eine untergeordnete Rolle für Neonazis im Bundesland.

Maßgeblich verantwortlich für diese Aktivitäten der sich als elitäre Bewegung verstehenden Kleinstpartei mit nur etwa 40 Mitgliedern, ist aus Angermünde (Uckermark).

Matthias Fischer als treibende Kraft der Partei

Fischer wuchs im uckermärkischen Templin auf und zog in den 1990er Jahren nach Nürnberg, wo er schon früh zu den zentralen Figuren der dortigen Neonaziszene gehörte und bald zu einem der wichtigsten Kader in der Region aufstieg. Angefangen bei der „Anti-Antifa Nürnberg“ und der „Fränkischen Aktionsfront“, wechselte er nach deren Verbot 2004 zur NPD und nahm als Kreisvorsitzender in Fürth an Wahlen teil. 2008 verließ er die Partei und gründete das „Freie Netz Süd“, welches er bis zu dessen Verbot 2014 leitete. Seit seiner Rückkehr in die Uckermark 2014 haben dort die extrem rechten Aktivitäten wieder sprunghaft zugenommen, obwohl es zunächst scheinbar ruhig um ihn wurde. Doch bereits im März 2015 trat er als Sprecher und Leiter von Kundgebungen und Veranstaltungen des „III. Weg“ auf. Innerhalb kürzester Zeit übernahm er hier Führungspositionen. Fischer ist nicht nur Vorsitzender des Stützpunkts „Uckermark“, deren Aktionsradius über den gleichnamigen Landkreis hinaus reicht. Er steht auch dem so genannten „Gebietsverband Mitte“ vor, der alle Verbände in den neuen Bundesländern als übergeordnete Struktur umfasst. Außerdem ist er noch stellvertretender Vorsitzender der Gesamtpartei. Das Grundstück des Multifunktionärs in der Innenstadt von Angermünde dient als kleines nationales Zentrum, wo regelmäßig Feiern und Parteiveranstaltungen stattfinden. Des Weiteren verfügt Fischer über beste Kontakte ins Ausland, die durch gegenseitige Besuche gepflegt werden. Das führt Neonazis aus Ungarn und der Ukraine, wie beispielsweise Angehörige des berüchtigten „Azov“ –Regiments, nach Brandenburg.

Schwerpunkt auch im Raum Potsdam

Aber nicht nur im Nordosten ist die Neonazi-Partei stark. Der Stützpunkt „Potsdam/Mittelmark“ fällt ebenso mit einer Vielzahl von Aktivitäten auf. Das ist nicht verwunderlich, lassen sich doch die Ursprünge des „III. Weg“ in Brandenburg im Landkreis Potsdam-Mittelmark sowie der Landeshauptstadt verorten. In den 1990er Jahren bildeten sich hier die militantesten Neonazi-Strukturen, wie die „Nationale Bewegung“, die für eine Vielzahl von Anschläge verantwortlich waren. Ab 2005 waren es vor allem die „Jungen Nationaldemokraten“, die mit Volksverhetzung und Rassismus für Aufsehen sorgten. Ab 2013 fielen vor allem die sogenannte „Gefangenenhilfe“ und die Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ auf. Letztere war eng verbunden mit der 2012 verbotenen Organisation „Spreelichter“ aus Südbrandenburg, die ihre Aktionsformen für den Raum Potsdam kopierten. Alle genannten Organisationen stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Person: . Der Bruder des NSU-Unterstützers André Eminger zog 2005 aus dem Erzgebirge nach Brandenburg und übernahm hier schnell Führungspositionen. An der Gründung des ersten Brandenburger Stützpunkts 2015 war Eminger maßgeblich beteiligt und baute die ersten Strukturen des „III. Weg“ im Bundesland auf. Folgerichtig lassen sich vor allem Neonazis aus Potsdam und Umland in den Reihen der Partei finden.
Vor etwa vier Jahren hatte sich überraschend aus der Parteiarbeit zurückgezogen. Öffentlich aufgetreten ist er seit 2016 nicht mehr. Die führende Rolle des „III. Weg“ in Brandenburg hat nun vollends übernommen. Emingers Grundstück im Dorf Grabow im südlichen Teil des Landkreises Potsdam-Mittelmark gilt dennoch weiterhin als zentraler Treffpunkt für Neonazis und wird ähnlich wie Fischers Anwesen in Angermünde als Fest- und Veranstaltungsort von der extremen Rechten regelmäßig genutzt.

Was ist am 3. Oktober zu erwarten?

Zum „Tag der Deutschen Einheit“ ruft die neonazistische Partei zur Demonstration in den Ostberliner Stadtteil Hohenschönhausen. Losgehen soll es ab 14 Uhr am S‑Bahnhof Wartenberg. Angemeldet sind offiziell nur 100 Teilnehmende. Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre ist jedoch damit zu rechnen, dass mindestens 500 Neonazis anreisen werden. Das Plattenbaugebiet im Bezirk Lichtenberg bietet dafür die perfekte Kulisse: Bereits seit den frühen 1990er Jahren wütet hier eine gefestigte und gut organisierte Neonaziszene, wie lokale Antifas rückblickend in ihrer Broschüre „20 Jahre Antifa Hohenschönhausen & Lichtenberg“ schreiben. Durch die überregionale Mobilisierung und die zunehmende Bedeutung des „III. Weg“ für die gewaltbereite extreme Rechte werden die Teilnehmenden aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet, die mit einem martialischen Auftreten in einheitlicher Kleidung ihren Führungsanspruch in der Szene unterstreichen wollen. Viele von ihnen werden auch aus Brandenburg anreisen. Mit dabei wird sein, der sicherlich an vorderster Stelle mitlaufen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass sein Haus als Sammelpunkt für Neonazis aus dem Norden fungiert, von wo aus diese gemeinsam nach Berlin anreisen werden.
Es liegt an den antifaschistischen Strukturen aus Berlin und Brandenburg hier im Vorfeld die Anreise der Neonazis zu erschweren und Schleusungspunkte sichtbar zu machen. Blockaden allein, das zeigt das brutale Vorgehen der Berliner Polizei bei vergleichbaren Aufmärschen der vergangenen Jahre, reichen dafür nicht aus.
„Der III. Weg“, seine Heimattümelei und seine völkische Mobilisierung muss am 3. Oktober (und natürlich auch danach) sabotiert, blockiert und entgegengetreten werden.

Ursprünglich erschienen auf Inforiot

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